Washington

US-Wahlkampf

Biden geht auf parteiinternen Konfrontationskurs

Von dpa
US-Präsident Biden
Joe Biden, Präsident der USA, spricht bei einem Gottesdienst in der Mt. Airy Church of God in Christ. (zu dpa: «Biden geht auf parteiinternen Konfrontationskurs») Foto: Manuel Balce Ceneta/DPA

US-Präsident Biden wehrt sich vehement gegen Druck aus den eigenen Reihen. Kurz vor seinem Auftritt auf internationaler Bühne ruft er parteiinterne Kritiker zur Ordnung – mit ungewöhnlichen Tönen.

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Washington (dpa). In der Debatte um die körperliche Fitness von US-Präsident Joe Biden für eine zweite Amtszeit geht der Demokrat in die Offensive und schlägt konfrontative Töne gegenüber Parteikollegen an. Zu Wochenbeginn wandte sich der 81-Jährige mit einem deutlichen Brief an die Demokraten im Kongress und rief außerdem in einem ungewöhnlichen Schritt bei einer Live-Sendung im US-Frühstücksfernsehen an.

Bidens Botschaft kurz vor Beginn des Nato-Gipfels in Washington war unmissverständlich: Er stellte klar, dass er nicht aus dem Präsidentschaftswahlkampf aussteigen werde, und rief seine Parteikollegen auf, die öffentliche Debatte darüber zu beenden.

Den Zweiflern innerhalb seiner Partei, die sich für einen alternativen Kandidaten ausgesprochen haben, sagte er im Morgenprogramm des Senders MSNBC: «Macht doch! (...) Fordert mich beim Parteitag heraus!» Zudem äußerte er Frustration über «besserwisserische Eliten» in den eigenen Reihen.

In dem Schreiben an die Kongressmitglieder aus seiner Partei wies Biden in scharfem Ton darauf hin, dass nach den parteiinternen Vorwahlen nicht einfach der demokratische Prozess über den Haufen geworfen werden könne. Der Brief lag unter anderem dem Sender CNN und der «New York Times» vor.

«Habe die Bedenken der Menschen gehört»

Millionen Wählerinnen und Wähler hätten bereits ihre Stimme für ihn abgegeben, schrieb Biden darin unter anderem. Dies müsse gewürdigt werden: «Sagen wir jetzt einfach, der Prozess bedeutet nichts? Dass Wählerinnen und Wähler kein Mitspracherecht haben? Ich weigere mich, das zu tun.» Seinen desaströsen Auftritt im TV-Duell Ende Juni gegen den republikanischen Herausforderer Donald Trump bezeichnete er als «fürchterlichen Abend», von denen er in seiner Karriere nicht viele gehabt habe. «Ich bereue wirklich, dass das passiert ist.»

Biden erklärte in dem Brief, er habe ausführliche Gespräche mit der Parteispitze, gewählten Amtsträgern sowie Wählerinnen und Wählern geführt. «Ich habe die Bedenken der Menschen gehört – ihre in gutem Glauben geäußerten Ängste und Sorgen darüber, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht. Ich bin ihnen gegenüber nicht blind», schrieb er. Er würde aber nicht wieder antreten, wenn er nicht absolut davon überzeugt sei, der beste Kandidat zu sein, um gegen Trump zu gewinnen. Biden mahnte, die Debatte über seine Eignung als Kandidat müsse nun aufhören – sie spiele nur Trump in die Hände und schade der eigenen Partei.

Seltener Auftritt im Frühstücksfernsehen

Mehrere Abgeordnete aus der demokratischen Partei hatten in den vergangenen Tagen öffentlich gefordert, dass Biden Platz für einen neuen Kandidaten machen soll oder ihre Einschätzung publik gemacht, dass er nicht gegen Trump gewinnen kann. Andere Kongressmitglieder äußerten sich bislang nicht ganz so drastisch, drückten aber Besorgnis aus. Im Zuge der anstehenden Sitzungswoche im Kongress wird mit weiteren Abweichlern gerechnet.

Angesprochen auf eine Reihe bekannter Medien und Politiker, die seinen Rückzug für den richtigen Weg halten, sagte Biden beim Sender MSNBC, dies kümmere ihn nicht. Wie zuvor in dem Brief rückte er auch in dem Telefonat seine politischen Unterschiede zu Trump in den Vordergrund, warnte vor einer Präsidentschaft des Republikaner, bezeichnete Trump als notorischen Lügner und erinnerte an den Kapitol-Sturm.

Dass der Demokrat sich für seine Offensive im Live-Fernsehen zuschaltete, ist ungewöhnlich. Ähnliche Anrufe hatte Ex-Präsident Trump während seiner Amtszeit regelmäßig beim rechtskonservativen Sender Fox News gemacht. Biden war für solche Spontan-Auftritte bislang nicht bekannt. Der Sender MSNBC gilt den Demokraten als wohlgesonnen.

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