Pamplona

Spektakel in Pamplona

Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz

Von dpa
«Sanfermines»-Fest in Pamplona
Eine städtische Musikkapelle bahnt sich ihren Weg durch die Menge, während sich die Feiernden auf dem Hauptplatz versammeln, wo das berühmte Stierlauffest beginnt. (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz») Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Pamplona wird wieder zur Party-Hauptstadt Spaniens. Das wilde Spektakel der Stierläufe ist zunehmend umstritten, aber auch so beliebt wie nie zuvor. Ein Promi konnte diesmal aber nicht dabei sein.

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Pamplona (dpa). Bahn frei für die wildeste Stierhatz der Welt: Im nordspanischen Pamplona wurde das ebenso berühmte wie umstrittene Sanfermín-Fest eröffnet. Vor Zehntausenden dichtgedrängten und begeisterten Menschen wurde Schlag zwölf vom Balkon des Rathauses die Eröffnungsrakete «Chupinazo» abgefeuert. «Viva San Fermín», schrien die nahezu alle traditionell in weiß gekleideten Menschen. Die Massen sangen, tanzten und schwenkten die roten Halstücher. Der erste der insgesamt acht Stierläufe ist am Sonntag.

Der staatliche TV-Sender RTVE und andere übertrugen die Eröffnungszeremonie live. Eine Touristin aus Mexiko weinte vor den RTVE-Kameras hemmungslos: «Ich bin sehr bewegt. Mein Vater hat es immer im Fernsehen gesehen und träumte davon, einmal hier dabei zu sein. Er hat es nicht geschafft. Er ist nicht mehr unter uns. Ich bin jetzt auch für ihn da.»

Stierläufe in Spanien – Protest von Tierschützern
Ein Mann nimmt an einer Demonstration gegen Tierquälerei vor dem Beginn des San-Fermin-Festes auf der Plaza del Ayuntamiento teil. Am 6. Juli beginnt das neuntägige San-Fermin-Fest, bei dem Tausende von Menschen an den berühmten Stierläufen durch die alten Straßen der Stadt teilnehmen werden. (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Zu den Fans des Spektakels gehört der in Pamplona geborene Fußball-Star Nico Williams (21), der am Freitag mit der spanischen Nationalmannschaft Deutschland aus der Europameisterschaft warf. «Ich feiere normalerweise jedes Jahr mit. Diesmal geht es nicht. Aber wenn wir ins Finale kommen, ist es auch völlig ok», sagte er der Sportzeitung «AS».

Die Proteste der Tierschützer waren vergebens

«Sanfermines»-Fest in Pamplona
Menschen während des «Sanfermines»-Festes in der Stierkampfarena von Pamplona. Das wilde und gefährliche Spektakel lockt jedes Jahr im Juli mehr als eine Million Schaulustige in die spanische Stadt Pamplona. Bei der Stierhatz riskieren vor allem junge Männer Gesundheit und bisweilen auch das Leben. (Zu dpa: „Blutige Stierhatz-Fiesta bleibt in Spanien Touristenmagnet“) (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Ruben Albarran/DPA

Aber nicht überall herrschte nach der Eröffnung Partystimmung. Die Kritik und die Proteste der Tierschützer nehmen von Jahr zu Jahr zu. Am Freitag hatten die Organisationen PETA und AnimaNaturalis in Pamplona gegen das neuntägige Fest demonstriert. Das wilde Spektakel bezeichneten sie als «mittelalterliche Grausamkeit». Sie fordern ein Ende der Stierläufe und aller blutigen Stierkämpfe.

«Sanfermines»-Fest in Pamplona
Die Kampfstiere von Jose Escolar Gil laufen am zweiten Tag des Stiertreibens während des «Sanfermines»-Festes zwischen den Feiernden umher. Auch bei der zweiten Stierhatz während des diesjährigen «Sanfermines»-Festes sind am Samstagmorgen in Pamplona im Norden Spaniens mindestens sechs Menschen verletzt worden. (Zu dpa: „Blutige Stierhatz-Fiesta bleibt in Spanien Touristenmagnet“) (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Einige Demonstranten gingen am Freitag am Pranger angekettet, trugen Hörner und hatten sich Gesichter und Hände mit roter Farbe bemalt. Diese sollte das Blut der rund 20.000 Stiere symbolisieren, die jedes Jahr bei den verschiedenen Veranstaltungen mit jahrhundertelanger Tradition in Spanien getötet werden.

Stierläufe in Spanien – Protest von Tierschützern
Menschen protestieren vor Beginn des San-Fermin-Festes auf der Plaza del Ayuntamiento mit einem Transparent mit der Aufschrift „Schluss mit der Folter, Schluss mit dem Stierkampf“ gegen Tierquälerei. Am 6. Juli beginnt das neuntägige San-Fermin-Fest, bei dem Tausende von Menschen an den berühmten Stierläufen durch die alten Straßen der Stadt teilnehmen werden. (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Schon in den vergangenen Tagen hatte es mehrere Kundgebungen gegeben, bei denen die Teilnehmer Plakate mit Aufschriften wie «Folter ist weder Kunst noch Kultur» und «Tierquälerei ist eine nationale Schande» trugen. «Wir wissen, dass es in der Gesellschaft eine Mehrheit gibt, die diese Tierquälerei nicht nur in Pamplona, sondern in ganz Spanien ablehnt und kein Interesse daran hat, sie aufrechtzuerhalten – schon gar nicht mit unseren Steuern», sagte die AnimaNaturalis-Vorsitzende Aida Gascón.

Die Kritik nimmt zu, aber auch die Begeisterung der Fans

Stierläufe in Spanien – Protest von Tierschützern
Menschen bereiten sich vor dem Beginn des San-Fermin-Festes auf der Plaza del Ayuntamiento auf eine Demonstration gegen Tierquälerei vor, während sie Transparente mit der Aufschrift „Stoppt die Folter; Schluss mit dem Stierkampf“ halten. Am 6. Juli beginnt das neuntägige San-Fermin-Fest, bei dem Tausende von Menschen an den berühmten Stierläufen durch die alten Straßen der Stadt teilnehmen werden. (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Der Unmut und die Proteste nehmen in der Tat seit Jahren zu. Auf der anderen Seite genießt die blutige Fiesta in der Region Navarra bei überzeugten Fans Hochkonjunktur. Im vergangenen Jahr wurden nach amtlichen Angaben insgesamt 1,5 Millionen Teilnehmer gezählt – ein Rekord. Dieses Jahr meldeten die Hotels schon Tage vor dem Fest eine durchschnittliche Auslastung von 90 Prozent, Ferienwohnungen waren zu normalen Preisen nicht mehr zu bekommen. Für die Stadt ist es ein Millionengeschäft.

«Sanfermines»-Fest in Pamplona
Feiernde halten rote Tücher in die Höhe, während sie den Hauptplatz zu Beginn der neuntägigen, ununterbrochenen Feierlichkeiten des berühmten Bullenlauf-Festivals bevölkern. (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Die Besucher kommen aus den verschiedensten Regionen Spaniens und aus aller Welt, unter anderem aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Australien, Japan und insbesondere aus den USA. Über Pamplona, das heute 200.000 Einwohner zählt, schrieb der US-Schriftsteller Ernest Hemingway in seinem ersten größeren Roman «Fiesta» (1926).

«Sanfermines»-Fest in Pamplona
Feiernde drängen sich auf dem Hauptplatz, zu Beginn der neuntägigen, ununterbrochenen Feierlichkeiten des berühmten Bullenlauf-Festivals. (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Die sogenannten Sanfermines sind dem Stadtheiligen San Fermín gewidmet und werden in Pamplona bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts immer Anfang Juli gefeiert. Es gibt nicht nur Stierrennen und Stierkämpfe, sondern auch viele Konzerte, Prozessionen und andere Veranstaltungen auch für Familien und Kinder.

Das wilde Spektakel ist nicht nur für die Tiere gefährlich

«Sanfermines»-Fest in Pamplona
Die Feiernden amüsieren sich auf dem Hauptplatz, zu Beginn der neuntägigen, ununterbrochenen Feierlichkeiten des berühmten Bullenlauf-Festivals. (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Die Stierhatz ist aber zweifellos der Höhepunkt der Festivitäten: Zwischen dem 7. und 14. Juli werden stets morgens um acht Uhr jeweils sechs zum Teil über 600 Kilogramm schwere Kampfbullen und auch mehrere Leitochsen von Hunderten Menschen durch enge Gassen in die Arena gejagt, wo sie am Abend bei Stierkämpfen getötet werden. Das Staatsfernsehen und andere TV-Sender übertragen bis zum Ende der Festivitäten live. Es gibt zudem Sondersendungen, Millionen in ganz Spanien sitzen gebannt vor den Schirmen.

Stierhatz in Spanien:
Die Kampfstiere von Fuente Ymbro laufen am vierten Tag des traditionellen Stiertreibens während des San-Fermin-Festes in Pamplona, Spanien, zwischen den Feiernden umher. Das wilde und nicht ganz ungefährliche Spektakel lockt jedes Jahr im Juli mehr als eine Million Schaulustige in die spanische Stadt Pamplona. (Zu dpa: „Blutige Stierhatz-Fiesta bleibt in Spanien Touristenmagnet“) (zu dpa: «Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz»)
Foto: Alvaro Barrientos/DPA

Vor Ort verfolgen Zehntausende die Stierhatz auf Balkonen, Mauern und in Nebenstraßen aus nächster Nähe. Für die kurzzeitige Anmietung eines kleinen Balkons zahlen Touristen mitunter Hunderte Euro. Es fließt viel Rotwein und Sangría.

Gefährlich ist das wilde Spektakel derweil nicht nur für die Tiere: Bei den Mutproben der vorwiegend jungen Läufer über die 875 Meter lange Strecke der Stierhatz gibt es jedes Jahr Verletzte. Seit 1924 gab es auch 16 Todesopfer, das letzte allerdings vor 15 Jahren.

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