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«Longlegs»: Grusel-Thriller mit Nicolas Cage

Von dpa
Nicolas Cage
Nicolas Cage, Schauspieler aus den USA, kommt zur Premiere des Films «The Surfer» auf den 77. Internationalen Filmfestspielen. (zu dpa: ««Longlegs»: Grusel-Thriller mit Nicolas Cage») Foto: Daniel Cole/DPA

Ein Film mit Nicolas Cage, ohne Nicolas Cage. Wirklich erkennen kann man den Filmstar in diesem famosen Horrorstück nicht. Dafür trägt er viel zu viel Make-up – und eine wunderbar groteske Perücke.

Lesezeit: 3 Minuten
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Berlin (dpa). Selten war es so schwer, den Hauptdarsteller in einem Film zu erkennen. Ist das wirklich Nicolas Cage, der 60 Jahre alte Hollywood- und Indie-Schauspieler, der in seinem Portfolio so unterschiedliche Werke weiß wie «Arizona Junior», «Wild at Heart» oder «Ghost Rider»? Ja, er ist es, auch wenn er diesmal hinter dickstem Make-Up fast bis zur Unkenntlichkeit versteckt ist.

Cage gibt den Strippenzieher hinter einer ganzen Reihe von schrecklichen Mordfällen. Auf diese angesetzt wird eine junge FBI-Mitarbeiterin, die es nicht leicht haben wird mit «Longlegs», dem titelgebenden Bösewicht. Dazu kommt, dass auch ihre Familiengeschichte ein dunkles, mit «Longlegs» in Verbindung stehendes Geheimnis birgt.

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Sohn von «Psycho»-Hauptdarsteller ist Regisseur

Interessant ist auch der Regisseur des Gruselstreifens: Oz Perkins. Er ist der Sohn von Anthony Perkins, dessen Name für alle Ewigkeit mit einem der großen Horrorfilme verbunden bleibt: «Psycho». In Alfred Hitchcocks Meisterwerk von 1960 verkörpert Perkins einen enigmatischen, zutiefst mutterfixierten Killer.

Oz Perkins hat nun einen gruseligen Thriller mit tollen Darstellerleistungen gedreht, schön altmodisch anmutenden Bildern und einem wirklich beängstigenden Sounddesign.

Nicolas Cage mit grau-weißer Mähne

In den ersten Einstellungen des Films ist der vermeintliche Killer nur zum Teil zu sehen: «Longlegs» Kopf wird zunächst nicht gezeigt. Eine Weile später zwar sieht man Cages Kopf; erkennen aber kann man den Schauspieler (in der englischen Originalversion) zunächst vor allem an seiner markanten Stimme.

Später zwar zeigt uns Regisseur Perkins den enigmatischen Verbrecher auch frontal – das Gesicht des 60-jährigen Darstellers aber ist kaum zu erkennen (vor dem Dreh soll Cage jeweils mehrere Stunden im Haar- bzw. Make-up-Stuhl zugebracht haben).

Cages wilde, grau-weiße Mähne in diesem Film tut ein Übriges. Die Frisur kann als Referenz gelesen werden – Fans der legendären «Twin Peaks»-Reihe von David Lynch werden kaum umhinkommen, dabei an Bob zu denken, eine der unheimlichsten Figuren der an unheimlichen Figuren reichen US-Grusel-Historie.

Erinnerung an legendäre Serienmörderfilme

An der Seite von Cage glänzen kann die zweite Hauptdarstellerin des 101-Minüters, die 31-jährige Maika Monroe. Sie spielt die junge, intelligente, jedoch kaum erfahrene FBI-Agentin Lee Harker. Gleich die ersten Szenen, Harker ist mit einem Kollegen unterwegs, machen uns mit der besonderen Aura, den gleichsam übersinnlichen Fähigkeiten der jungen Agentin vertraut.

In einer von austauschbaren Fassaden dominierten Vorstadt-Gegend spürt Harker, dass es mit einem dieser Häuser eine besondere Bewandtnis hat. Kurz darauf ist ihr Kollege tot. Der Fall nimmt nun eine erstaunliche Wendung nach der anderen; und immer klarer wird: Agentin Harker trägt ein ordentliches Paket an dunklen Erinnerungen mit sich herum. Nicht zuletzt ist es Harpers (von Alicia Witt) gespielte, zurückgezogen lebende Mutter, die zu weiteren Rätseln Anlass gibt.

Der Film erinnert an Serienmörderfilme wie «Zodiac», an legendäre Kino-Produktionen wie «Seven» von David Fincher. Und auch an Jodie Fosters epochemachenden Auftritt im «Schweigen der Lämmer» (auch Fosters Figur von 1991 ist ganz frisch beim FBI) muss man zuweilen denken.

Viel Stil und 70er-Jahre-Patina

Maika Monroe ist nicht ganz so einnehmend wie Foster, die damals für ihre Leistung einen Oscar erhielt. Nebst den kurzen, teils grotesk anmutenden Auftritten Cages aber ist es vor allem Monroe, die mit ihrer zerbrechlichen Aura «Longlegs» ihren Stempel aufdrückt.

Ähnlich wie Cages erster 2024er-Film – die zwischen Horrorstück und surrealer Komödie changierende Groteske «Dream Scenario» – verweigert sich auch «Longlegs» einer allzu eindeutigen Schubladisierung. Ja, «Longlegs» ist gruselig; ihm eignet aber auch eine irgendwie zu einem Nicolas Cage passende Uneindeutigkeit.

Warum sind hier die Glam-Rocker von T. Rex zu hören? Warum ist mindestens einmal ein Poster mit dem Antlitz von Lou Reed zu sehen? Was steht wirklich in den kryptischen Botschaften, die «Longlegs» hinausschickt in die Welt? Und sein Name? Auch der wird nicht wirklich entschlüsselt.

Warum der Mastermind all der in diesem Film verhandelten Verbrechen «Longlegs» heißt, das liegt wohl versteckt in all den mit viel Stil fotografierten und gehöriger 70er-Jahre-Patina imprägnierten Einstellungen des Films.

© dpa-infocom, dpa:240808-930-197441/1