Start bringt Obama in die Bredouille

Barack Obama
Barack Obama Foto: dpa

Washington. Die Reaktion kam sofort. Kaum hatte die Nachricht vom gescheiterten Raketentest Nordkoreas die Runde gemacht, ließ Jay Carney auch schon eine schriftliche Erklärung zirkulieren.

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Die provokative Aktion bedrohe die regionale Sicherheit, verletzt das Völkerrecht und verstößt gegen die Zusagen, die Pjöngjang selbst in jüngster Zeit gemacht hat, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses. „Nordkorea isoliert sich damit nur noch stärker, es verschwendet sein Geld für Waffen und Propaganda, während das Volk Hunger leidet.“

Damit ist es zumindest unterbrochen, wenn nicht beendet, das Tauwetter, auf das Washington nach dem Tod Kim Jong Ils gehofft hatte. Dessen Nachfolger Kim Jong Un sollte in kleinen, vorsichtigen Schritten ins Geflecht der internationalen Diplomatie eingebunden werden. Ende Februar stellten die USA Hilfe gegen den Hunger in Aussicht, 240 000 Tonnen Nahrungsmittel, falls das Regime die Weichen in Richtung Entspannung stellen würde. Zum Zeichen guten Willens sollte Pjöngjang im Rahmen eines Moratoriums sowohl auf Atomversuche als auch auf Tests von Langstreckenraketen verzichten. Eine Annäherung auf Raten, so hatte es sich Präsident Barack Obama ausgemalt, könnte in absehbarer Zukunft die unterbrochenen Verhandlungen über die nukleare Abrüstung Nordkoreas aus der Schockstarre befreien. Und damit einen schwelenden Konflikt entschärfen, eine zweite potenzielle Krise im Wahljahr 2012, zusätzlich zum Poker um die iranischen Nuklearpläne.

Raketenstart mit weitreichenden Folgen: Mit seiner Eskalationsstrategie setzt Nordkorea auch die Entspannung im Verhältnis zu den USA aufs Spiel. 
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Raketenstart mit weitreichenden Folgen: Mit seiner Eskalationsstrategie setzt Nordkorea auch die Entspannung im Verhältnis zu den USA aufs Spiel.
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Illusionen machte sich am Potomac allerdings keiner, zu oft schon hatte das abgeschottete Land seine Versprechen gebrochen. „Es ist die Wahl zwischen zwei schlechten Optionen“, dozierte Victor Cha, Ostasienexperte am Center for Strategic and International Studies. „Entweder schaut man mit verschränkten Armen zu, wie Nordkoreas Atomprogramm voranschreitet, oder man hält sich die Nase zu und verhandelt, auch wenn der Partner unberechenbar ist.“ US-Außenministerin Hillary Clinton hatte kein Hehl aus ihren Bedenken gemacht, ob man Kim Jong Un trauen kann. Zugleich betonte sie allerdings, dass es an vernünftigen Alternativen fehlt.

Nun sehen sich die Skeptiker bestätigt, allen voran Mitt Romney, der das Drama reflexartig nutzt, um Wahlkampfpunkte zu sammeln. Einmal mehr versucht der Republikaner, der Barack Obama im herbstlichen Duell ums Oval Office herausfordern wird, den Amtsinhaber als weltfremden Träumer hinzustellen. Statt Nordkorea von einer Position der Stärke zu begegnen, hat der Präsident die Diktatur nach Romneys Lesart mit einem Getreidevertrag zu beschwichtigen versucht. Dieser Kurs aber hat sich aus Sicht des Republikaners als „ebenso naiv wie kurzlebig“ erwiesen.

Von unserem USA-Korrespondenten Frank Herrmann