Kommentar: Wowereits Anfang vom Ende

Politiker lieben es, Bänder durchzuschneiden. Wann immer ein wichtiges Infrastrukturprojekt wie eine neue Verkehrsverbindung, eine Umgehungsstraße oder ein Dorfgemeinschaftshaus eröffnet wird, lassen sie sich diesen Moment nicht nehmen.

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Politiker lieben es, Bänder durchzuschneiden. Wann immer ein wichtiges Infrastrukturprojekt wie eine neue Verkehrsverbindung, eine Umgehungsstraße oder ein Dorfgemeinschaftshaus eröffnet wird, lassen sie sich diesen Moment nicht nehmen.

Das ist nur allzu nachvollziehbar, denn oft stecken hinter einem solchen Bau ein jahrelanger politischer Kampf, viele Gutachten und manch böse Überraschung in der Bauphase. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit jedoch hat inzwischen die Berechtigung verspielt, bei der Eröffnung des Berliner Großflughafens – sollte sie tatsächlich noch irgendwann stattfinden – den großen Macher zu geben.

Auch andere haben Fehler gemacht. Aber als Aufsichtsratsvorsitzender des Großbauprojekts, mit dem er sich eigentlich ein Denkmal im Positiven hatte setzen wollen, ist er seiner Verantwortung erkennbar nicht gerecht geworden. Nachdem der Eröffnungstermin jetzt zum vierten Mal verschoben werden musste, war es an der Zeit, auch persönlich Konsequenzen zu ziehen. Der Rücktritt vom Amt des Aufsichtsratschefs ist deshalb nur folgerichtig.

Es könnte der Anfang vom Ende nicht nur seiner politischen Karriere werden. Die ganze Republik lacht über Berlin – und inzwischen auch über Wowereit. Der stellvertretende Parteivorsitzende der SPD, der immer auch als bundespolitisches Schwergewicht galt, wirkte bei seiner Erklärung am Montag denn auch schwer angeschlagen. Die besten Zeiten des Regierenden Bürgermeisters, der für die Berliner einst für Glamour und guten Humor stand und der eine gewisse Nachsicht genoss, sind unumkehrbar vorbei.

Dem erfahrenen Taktiker Wowereit ist offenbar sein Gespür abhanden gekommen. Ihm ist bei dem wichtigsten Infrastrukturprojekt der Stadt die Kontrolle völlig entglitten. Auch seine Zukunft als Stadtchef und die Große Koalition in Berlin stehen nun auf der Kippe. Und für Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck kann der Aufsichtsrats-Chefposten ebenso zum Schleudersitz werden.

E-Mail an: rena.lehmann@rhein-zeitung.net