Die Rolle der rebellischen rheinland-pfälzischen Stadt, die die ADD an den Pranger stellt, Resolutionen verfasst und demonstrativ auf Haushaltsreden verzichtet, steht Idar-Oberstein richtig gut. Es ist legitim, Ton und Inhalt des Schreibens der Aufsichtsbehörde zynisch zu nennen.
Vera Müller zur Diskussion über den Idar-Obersteiner Haushalt im Stadtrat
So manches, was da zu lesen ist, ist zudem an Arroganz nicht zu überbieten, wirft nur Fragen auf und liefert keine nutzbaren Ansätze. Der Stadtrat zeigt sich deshalb in weiten Teilen auf menschlich nachvollziehbare Weise bockig und angegriffen, wie die verspätete Haushaltsdebatte jetzt zeigte.
Und dieser Unmut darf auch mal in aller Deutlichkeit und Dramatik inszeniert werden, statt sich wie ein Lamm zur Schlachtbank der ADD führen zu lassen. Drohungen, Druck: Das alles beeindruckt den Stadtrat (noch) nicht. Er möchte bürgernah bleiben, will mit aller Kraft dafür sorgen, dass die Stadt lebt, lebendig ist: Dazu gehören nun mal keine deutlichen Gebührenerhöhungen und Ähnliches. Diese Sensibilität des Rates verdient Respekt.
Frank Frühaufs Taktik, alle Chancen schnell zu nutzen, Projekte unter Dach und Fach zu bringen, geht auf: Der abgeschlossene Hallenbad-Umbau, die Projekte Bahnhof, die Gestaltung des Christusplatzes, der Umzug der Bücherei, die zum Begegnungszentrum werden soll – es muss schnell vorangehen, auch wenn es Risiken birgt. Abreißen wird die ADD alles Neue und Schöne in der Stadt wohl kaum. „Oben“ haben sie Geld, „unten“ versinken Kommunen wie Idar-Oberstein in Schulden. Da muss sich etwas ändern. Und dass sich der aktuelle Hilfeschrei des Rates und des Oberbürgermeisters – der sich naturgemäß nach außen etwas diplomatischer geben muss – mit Wut mischt, schadet nichts. Was dieser Trotz letztlich bringt? Abwarten. Zu kuschen und devot zu reagieren, bringt womöglich noch weniger.
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