Ist das Wahlkampfgetöse oder doch eher mit der schleichend um sich greifenden populistischen Gelbwesten-Mentalität nach französischem Vorbild in Verbindung zu bringen? Die Frage „Brückenerhalt ja oder nein“ entwickelt sich ungeachtet der Faktenlage zum Streitthema.
Ohne Frage: Es gibt sehr bedauerliche Einzelfälle, die von einem Abriss betroffen wären. Darunter vor allem alte Menschen, um die sich die Stadt mehr als bisher kümmern muss und die man nicht einfach so im Regen stehen lassen kann. Jenen einen Weg zu erschweren, tut in der Seele weh. Aber: Als die Brücke ab September 2018 vier Monate gesperrt war, krähte danach kein Hahn. Es hat schlicht niemanden interessiert. Als der Weg in der neuen Nahepassage in Richtung Wasenstraße beim Umbau gesperrt war, sah das ganz anders aus. Die Verbindung war schlicht und ergreifend wichtig und nur durch weite Umwege zu kompensieren.
Hier sieht es ganz anders aus: Es gibt Alternativen, die machbar sind und dafür sorgen, dass Bürger nicht von der Innenstadt abgeschnitten werden. Und: Die Brücke ist weder stadtbildprägend noch besonders schön. Ihre Sanierung würde die Stadt Geld kosten, das sie nicht hat und auch nicht von irgendwo herbeizaubern kann. Interessant sind manche Aussagen von Brückenabriss-Gegnern: Eigentlich gehe es ihnen gar nicht um die Brücke, sondern ums Prinzip. Verwaltungen könnten nicht einfach so über die Köpfe von Bürgern hinwegentscheiden. Stimmt! Sachverhalte zu hinterfragen, kritisch zu betrachten – das ist die wichtigste Aufgabe von Rats- und Ausschussmitgliedern.
Aber dass dabei Verwaltungsmitarbeiter wie die stets durch Engagement und Kompetenz glänzende Bauamtschefin Christine von der Burg plötzlich in die Schusslinie geraten und sich mit selbst ernannten Experten auseinandersetzen müssen, ist inakzeptabel. Und dabei womöglich auch noch einen Mega-Investor wie Röther zu verärgern, ist leichtsinnig.
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