Bad Honnef

Schüler fordern Aberkennung: In Bad Honnef ist Hitler irgendwie immer noch Ehrenbürger

Demonstration gegen AfD-Veranstaltung im Landkreis Friesland
Er ist immer noch da – in vielen Köpfen und augenscheinlich auch noch in den Ehrenbürgerlisten so mancher deutscher Stadt. Foto: Sina Schuldt/picture alliance/dpa

Mehr als 1500 Unterschriften haben Elftklässler in Bad Honnef dafür gesammelt, dass Adolf Hitler die Ehrenbürgerwürde aberkannt wird – jetzt haben sie die Petition dem Bürgermeister vorgelegt. Schon 1983 war dies erstmals angeregt worden – doch es kam nie zu einer Entscheidung.

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Direkt an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz liegt eine Gemeinde, in der Adolf Hitler in gewisser Weise immer noch Ehrenbürger ist beziehungsweise in der sich Stadt und Rat nie offiziell davon distanziert haben: in Bad Honnef. Dagegen hat sich nun Protest formiert, mit Schülern an der Spitze.

Mit drei vollen Aktenordnern und einer Antragsmappe im Gepäck haben Schüler des Siebengebirgsgymnasiums (SIBI) jetzt Bürgermeister Otto Neuhoff über 1500 Unterschriften eines Einwohnerantrags zur Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers übergeben. Das teilt die Stadt in einer Pressemitteilung mit.

Bürgermeister ist beeindruckt

„Das ist eine beachtliche Initiative, und auch vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse ein wichtiges Signal für die Demokratie und gegen das Vergessen„, sagte Neuhoff. Er sei beeindruckt, dass die Jugendlichen den aufwendigsten Weg der Gemeindeordnung gewählt und die erforderlichen Unterschriften für einen Bürgerantrag zusammenbekommen haben. Das Thema steht jetzt auf jeden Fall auf der Tagesordnung: Voraussichtlich in der Ratssitzung am 10. Oktober soll der Einwohnerantrag auf Aberkennung der Ehrenbürgerschaft in den Rat eingebracht und beraten werden.

Damit holt der Rat eine inhaltliche Auseinandersetzung und Aufarbeitung nach, die im Jahr 1983 auf Initiative der Freien Wählergemeinschaft Die Grünen in Bad Honnef angeregt worden und dann formal beendet worden war – ein unzufriedenstellender Umstand, wie Lehrer Thomas Rott betont, der im vergangenen Schuljahr mit einer zehnten Klasse im Geschichtsunterricht auf Spurensuche gegangen war

Zur Entscheidung kam es nicht, denn es gab 1983 einen Antrag an die Geschäftsordnung, also einen Antrag auf Schluss der Debatte. Damit waren wir sehr unzufrieden.

Lehrer Thomas Rott

Gemeinsam mit dem städtischen Archivar Jens Kremb war der Geschichtskurs auf Spurensuche gegangen, fand die Ratsunterlagen aus dem Jahr 1983 und auch ein persönliches Dankschreiben Hitlers aus dem Jahr 1933, als neben rund 4000 anderen Städten auch die Stadt Bad Honnef den späteren Diktator zu ihrem Ehrenbürger gemacht hatte. Eine Ehrenbürgerschaft, die formal mit dem Suizid Hitlers erloschen war, ohne dass die Stadt und der Rat sich aber je formal distanziert hatten.

Die Schüler der heutigen elften Klasse wollten es nicht dabei belassen und stießen mit ihrem Lehrer einen Einwohnerantrag nach Artikel 25 der Gemeindeordnung NRW an. Das notwendige Quorum an Unterstützern bedeutete Fleißarbeit

Schüler bleiben hartnäckig

In den Geschäften der Innenstadt sammelten die jungen Leute in den vergangenen Monaten Unterschriften bei der Kundschaft. „Wenn man etwas erreichen will, muss man hartnäckig sein, dranbleiben und Überzeugungsarbeit leisten“, würdigte der Geschichtslehrer das Engagement der Klasse und fügte hinzu: „Jetzt haben wir unsere Arbeit getan.“

Bürgermeister Neuhoff würdigte das Engagement und erklärte das weitere Vorgehen: „Ich werde mich mit den Fraktionen beraten, dann setze ich den Antrag auf die Tagesordnung des Rates und bin sehr gespannt auf die Debatte.“ Ihm selbst sei diese wichtig: "Es gab einige wenige Stimmen, dass man die Sache auch schnell erledigen hätte können. Das wäre aber nicht in meinem Sinne, denn es geht nicht um eine schnelle Erledigung, sondern um die Würdigung der Initiative und auch darum, die Auseinandersetzung mit dem Thema nachzuholen.“ Mit ihrem Engagement haben auch die Jugendlichen des SIBI ein Stück ihrer Stadtgeschichte mitgeschrieben, erklärte Stadtarchivar Kremb.