Berlin

Beschwerden über mangelhafte Zustellungen verdoppelt: Wenn der Postmann nicht mehr klingelt

Paketflut an Weihnachten.
Paketflut an Weihnachten. Foto: dpa

Pakete und Briefe verschwinden, Sendungen sind beschädigt oder kommen zu spät an – der Ärger über verlorene, beschädigte oder verspätete Postsendungen wächst, gerade in der Weihnachtszeit. Die Zahl schriftlicher Beschwerden bei der Bundesnetzagentur über Zustellfehler der Deutschen Post ist im laufenden Jahr auf bisher 11.400 gestiegen, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Grünen-Fraktion hervorgeht. Sie hat sich damit gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. 2017 waren noch 6100 Beschwerden bei der Netzagentur eingegangen.

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Die Gründe sind vielfältig. Wegen des florierenden Onlinehandels sind die Paketsendungen, die Zusteller im Weihnachtsgeschäft bewältigen müssen, enorm angestiegen. Die Post erwartet jährliche Zuwächse von 8 Prozent, während die Menge der Briefsendungen abnimmt. Zusteller klagen über miese Arbeitsbedingungen, Personalmangel und geringe Löhne.

51 Prozent der Beschwerden der Bürger betrafen laut Bundesregierung aber die Briefbeförderung, nur 33 Prozent die Paketzustellung, der Rest Briefkästen und anderes. „Im Paketbereich beziehen sich die Beschwerden vor allem auf Zustellausfälle, unberechtigte Rücksendungen, keine Zustellungen trotz Ankündigung, Ersatzzustellungen oder Benachrichtigungskarten trotz Anwesenheit sowie auch Falschzustellungen und Ablageorte“, schreibt das Wirtschaftsministerium.

Die Beschwerden bei der Bundesnetzagentur seien „nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. „Die Post muss dringend aufhören, bestimmte Zustellbezirke an Subunternehmen auszulagern.“ Dort gebe es die häufigsten Probleme. „Die Personaldecke ist an vielen Stellen der Branche auf Kante genäht. Hier sind die Unternehmen gefordert, ihre Kapazitäten auszubauen und damit die Arbeitsbelastung zu reduzieren“, sagte Andrea Kocsis, stellvertretende Aufsichtsratschefin der Post und Vizechefin der Gewerkschaft Verdi. „Für die Kunden ist die schwache Servicequalität bei Paketen und Briefen schon sehr bedrückend. Das muss sich unbedingt bessern“, forderte auch Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).

Das Zustellgeschäft entwickelt sich für den Post-Konzern zunehmend zum Krisenbereich. Der zuständige Vorstand musste im Juni gehen, seitdem kümmert sich Vorstandschef Frank Appel persönlich um die Sparte. Um zuverlässiger zustellen zu können, versucht der gelbe Riese nun auch, möglichst viele Kunden dazu zu bringen, Pakete an Paketstationen abzuholen. Gleichzeitig will die Post im kommenden Jahr das Porto für einfache Briefe von derzeit 70 Cent auf 80 Cent erhöhen.

Von Reinhard Kowalewsky und Birgit Marschall