Pjöngjang

Dr. Seltsam – geliebt und verlacht

Über Kim, der am Samstag im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt starb, kursierten Namen wie „Verrückter mit der Bombe“ oder „Dr. Seltsam“: Ihm wurde im Westen auch schon mal Größenwahn unterstellt, weil er sich mit der Supermacht USA anlegte.

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Pjöngjang – Über Kim, der am Samstag im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt starb, kursierten Namen wie „Verrückter mit der Bombe“ oder „Dr. Seltsam“: Ihm wurde im Westen auch schon mal Größenwahn unterstellt, weil er sich mit der Supermacht USA anlegte.

Er unterhielt ein umstrittenes Atom- und Raketenprogramm. Nach der in Pjöngjang verbreiteten Lesart ist ein eigenes Atomwaffenarsenal die einzige Sicherheit dafür, dass die USA das Land nicht angreifen.

Zugleich befehligte Kim mit 1,5 Millionen Soldaten eine der zahlenmäßig größten Armeen auf dem Globus. Doch dämonisiert und sogar belächelt wurde der kleine Mann mit der großen Brille nur im Ausland. In Nordkorea wird er als eine Art Halbgott, als „geliebter Führer“ verehrt, obwohl das Volk ständig durch den Staatsapparat drangsaliert wird. Über Kim wurden vom Regime zahlreiche Mythen verbreitet. Nach seiner Geburt am 16. Februar 1942 – es war die Zeit der japanischen Besatzung – in einem Camp auf dem heiligen Berg Paekdu sollen etwa ein Stern und ein doppelter Regenbogen am Himmel erschienen sein.

Für Beobachter war der Diktator, der Schuhe mit Plateausohlen trug und seine Haare toupierte, um größer zu wirken, eine Erscheinung voller Widersprüche. Verlässliche Informationen gibt es kaum. Während er außerhalb seines geschlossenen Machtbereichs als unberechenbare Größe galt, charakterisierte ihn der frühere südkoreanische Präsident Kim Dae Jung als jemanden mit „gesundem Menschenverstand“, der sehr wohl wusste, was in der Welt vorgeht.

Für die Bevölkerung war Kim, der in den offiziellen Medien als Revolutionär und „Genie in Literatur, Kunst und Kriegskunst“ gepriesen wird, allgegenwärtig. Porträts von ihm und seinem Vater, dem „ewigen Präsidenten“ Kim Il Sung, von dem er die Macht und auch den Personenkult übernommen hat, hängen fast in allen öffentlichen Gebäuden und Privatwohnungen. Sowohl sein Privatleben und seine Beziehungen zu Frauen als auch das Leben seiner Kinder waren für die Medien in Pjöngjang tabu.

Über Kims Politik wurde oftmals nur spekuliert. Vieles, was die Außenwelt über den im Schatten des „Übervaters“ Kim Il Sung aufgestiegenen Machthaber wusste, stammte aus der Propaganda-Mühle Pjöngjangs.