El Segundo

Barbie hört mit: Großer Lauschangriff im Kinderzimmer?

Eine interaktive Barbie, die nicht nur sprechen, sondern auch aufmerksam zuhören kann. Für Barbie-Fans ist das wohl ein Traum. Für andere aber ein Lauschangriff im Kinderzimmer. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft kommt die sprechende «Hello Barbie», mit Mikrofon und WLAN-Schnittstelle versehen, in die US-Läden.
Eine interaktive Barbie, die nicht nur sprechen, sondern auch aufmerksam zuhören kann. Für Barbie-Fans ist das wohl ein Traum. Für andere aber ein Lauschangriff im Kinderzimmer. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft kommt die sprechende «Hello Barbie», mit Mikrofon und WLAN-Schnittstelle versehen, in die US-Läden. Foto: Mattel/dpa

Eine interaktive Barbie, mit der man sich unterhalten kann: Für viele Fans wird damit ein Traum wahr. Für andere aber bedeutet das vernetzte Spielzeug einen Lauschangriff im Kinderzimmer. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft kommt die sprechende „Hello Barbie“, mit Mikrofon und WLAN-Schnittstelle versehen, jetzt in die US-Läden – für stattliche 75 Dollar (68 Euro).

Lesezeit: 2 Minuten
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Von Andrea Barthélémy

Sie soll für den seit Jahren schwächelnden Puppen-Klassiker des Spielzeugriesen Mattel Marktanteile zurückerobern. Denn derzeit haben Königin Elsa und Prinzessin Anna aus „Frozen“ der Barbie deutlich den Rang abgelaufen.

Seit Mattel die „Hello Barbie“ vor einem halben Jahr in New York auf der Spielzeugmesse vorstellte, reißt die Kritik von besorgten Eltern und Datenschützern nicht ab: Von einer „Abhörbarbie“ ist die Rede und vom Missbrauch kindlicher Privatsphäre, eine Onlinepetition läuft. Doch ebenso wie in Deutschland geht der Trend hin zu mehr Hightech im Kinderzimmer. Auch mit dem Sprachassistenten steht „Hello Barbie“ nicht allein: Das US-Start-up Elemental Path nimmt derzeit Vorbestellungen für einen sprechenden und lernfähigen Mini-Dino entgegen – mit der Supercomputertechnologie Watson von IBM versehen.

„Hello Barbie“ funktioniert ähnlich wie die Spracherkennung in vielen Smartphones: Ein Mikrofon, das im Nacken der Puppe sitzt, nimmt alles auf, was Barbies Gesprächspartner sagt. Die Daten werden via WLAN in die Cloud geschickt, wo die passende Antwort aus rund 8000 bereitgestellten Dialogsätzen ausgewählt wird. Den gewonnenen Input behält „Hello Barbie“ dann für künftige Antworten „im Hinterkopf“.

Kindliche Privatsphäre missbraucht?

Doch was passiert mit den aufgenommenen Daten? Laut Mattel werden sie nicht zu Werbezwecken gespeichert, sondern nur, um das Gesprächserlebnis zu verbessern, und nach zwei Jahren wieder vom Server gelöscht. Außerdem müssten die Eltern zu Beginn auch ihre Zustimmung geben. Doch ähnlich wie bei einigen anderen elektronischen Geräten mit Sprachsteuerung, die den Umgebungsgeräuschen lauschen, um ein für sie gedachtes Schlüsselwort nicht zu verpassen, hält sich Skepsis. Von den Datenschützern bei „Digitalcourage“ bekam die Barbie in diesem Jahr prompt den „Big Brother Award“ verliehen.

In den USA machen die Anwälte einer Kampagne für eine kommerzfreie Kindheit mobil und wettern zum Verkaufsstart in den sozialen Medien unter dem Motto „Hell No Barbie“ gegen die neue Puppe. Kampagnensprecher Josh Golin befürchtet, dass persönliche Daten geteilt und für Marketing genutzt werden. „Da gibt es eine ganze Menge Bedenken, was Privatsphäre und Sicherheit angeht“, sagte er in einem TV-Interview. Schließlich würden Kinder Spielzeug auch private Dinge anvertrauen.

Neugierige Barbie

Das Start-up Toy Talk hat den Sprachassistenten entwickelt und mit Mattel die Antworten ausgearbeitet – mit kindgerechtem Wortschatz. Im Testgespräch geht es etwa um Berufswünsche. „Hey, du hast mir erzählt, dass du gern auf einer Bühne stehst. Vielleicht wirst du also Tänzerin? Oder Politikerin? Oder tanzende Politikerin? Hey, du kannst werden, was immer du willst.“ Noch ist die „Hello Barbie“ weit davon entfernt, gegenüber Erwachsenen den Turingtest für künstliche Intelligenz zu bestehen, bei dem es darum geht, im Dialog einen Menschen von Software zu unterscheiden. Aber Kinder reagieren anders. „Computeralgorithmen können und sollten die nuancierte Ansprechbarkeit liebevoller Personen nicht ersetzen“, wird Kinderarzt Dipesh Navsaria von der Universität Wisconsin in der Debatte zitiert.