Die Revolution durch Blumen

Von Peter Burger

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Die Koblenzer kennen ihre Stadt nicht mehr wieder. Und potenziell zwei Millionen Besucher werden ins Schwärmen geraten. Die Bundesgartenschau hat die Stadt am Zusammenfluss von Rhein und Mosel verwandelt wie keine Revolution zuvor.

Und das nicht nur mit einem vergänglichen Blumenmeer, sondern mit nachhaltig wirkender Infrastruktur, für deren Realisierung es in dieser Dimension in einem Jahrhundert nur eine einzige Chance gegeben hätte – die Buga. Kein Wunder, dass wir „Schängel“ in diesen Tagen in bester Feierlaune sind.

Vergessen (zumindest im Augenblick) sind die jahrelangen Zumutungen, die unzählige Baustellen Anwohnern, Autofahrern, Kaufleuten, Touristen, Gastronomie und Hotellerie abverlangten. Das Planen und Vorbereiten einer Bundesgartenschau, die bewusst wesentliche Teile der (Innen)stadt mit einbindet, stellte vor der Hintergrund der komplizierten Topographie zwischen zwei Flüssen und dem Festungsberg des Ehrenbreitsteins eine Herkulesaufgabe dar.

Vergessen auch die Diskussionen um das Für und Wider eines solchen kostspieligen Mega-Ereignisses, das die öffentlichen Hände nach offiziellen Angaben 110 Millionen kostet, jedoch die wirtschaftliche Schubkraft einer halben Milliarde Euro bringen soll. Vergessen die Projekte, die nicht rechtzeitig zur Buga fertig wurden wie das „Forum Mittelrhein“ auf dem Zentralplatz oder finanziell völlig aus dem Ruder liefen, wie der neue Schienenhaltepunkt in der City.

Vergessen leider auch, wer den langen politischen Atem hatte, mit dieser Bundesgartenschau Koblenz eine neue Perspektive zu geben: Es war der frühere Oberbürgermeister Eberhard Schulte-Wissermann, der – manchen Widerständen zum Trotz – das Projekt immer wieder voran trieb. Dass auch ehemalige Gegner der Blumenparade sich gestern am Fuße des Kaisers in der Buga-Sonne wärmten, gehört wohl zu den Stilblüten dieser Schau.

Keine Frage, in die Euphorie des Auftakts mischt sich bei den Koblenzern auch die Frage, was in einem halben Jahr von der Buga bleiben wird. Und damit ist nicht allein die Seilbahn vom Deutschen Eck zur Festung gemeint, für deren dauerhaften Erhalt so viele kämpfen. Die Chancen stehen gut, dass diese Buga tatsächlich nachhaltig wirkt: Denn anders als anderswo ist die Gartenschau in Koblenz keine aus der Retorte. Sie setzt bauhistorisches Kapital wie das Kurfürstliche Schloss, den Ehrenbreitstein, das Deutsche Eck oder Stolzenfels neu und erfrischend in Szene. Sie führt uns Koblenzern selbst und unseren Gästen vor Augen, in welch einzigartiger Landschaft wir zuhause sind.

Beim Blick in die Zukunft aber schwingt gleichzeitig die Sorge mit, dass die Rhein-Mosel-Stadt, der in den vergangenen Jahren erhebliche Landesmittel zuflossen, jetzt erst einmal von Mainz vernachlässigt werden könnte. Vor allem aber, dass Koblenz selbst in den kommenden Jahren auch für die dringlichsten Aufgaben kein Geld mehr hat. Dann allerdings wäre der Buga-Effekt schneller verblüht als gekeimt.

E-Mail an den Autor: peter.burger@rhein-zeitung.net