Koblenz

Chronik: Von Pferdefuhrwerken bis zu modernsten Fahrzeugen

Vor 100 Jahren sorgten elf Feuerwehrmänner für die Sicherheit in der Stadt. 1930 ereignet sich der größte zivile Katastrophenfall in der bisherigen Koblenzer Geschichte. 1999 erlebt Koblenz die schlimmste Brandkatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg. Die RZ schaut zurück – ein Auszug.

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Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war die Feuerbekämpfung Sache aller Koblenzer Bürger, nicht Aufgabe einer Spezialeinheit, wie wir sie heute in der Berufs- und der Freiwilligen Feuerwehr besitzen. Zur Brandbekämpfung dienten Ledereimer und Wasserbütten, Wagen für den Transport der Bütten und sogenannte Feuerspritzen. Die Eimer wurden von Hand zu Hand gereicht, Wasser wurde aus den benachbarten Brunnen oder von Flüssen herbeigeschafft.

Vor (fast genau) 100 Jahren nimmt die Berufsfeuerwehr Koblenz am 1. Oktober 1911 mit insgesamt elf Mann ihren Dienst auf. Untergebracht ist sie in der Altstadt, Am Plan 9-11. Unten sind die großen Einfahrten für die Pferdewagen, oben sind Wohnungen für die Feuerwehrleute. Denn wenn es nachts brennt, müssen schnell alle da sein. Jede Minute zählt.

Damit die Retter noch schneller sind, wird bereits 1912 das erste Feuerwehr-Automobil angeschafft. Erst ab 1924 gibt es eine hauptamtliche Führung für die Berufswehr, unter der die Wehr kontinuierlich ausgebaut wird.

Und das ist gut so. Denn am 22. Juli 1930 ereignet sich der größte zivile Katastrophenfall in der bisherigen Geschichte der Stadt Koblenz. Während einer Feier aus Anlass der endgültigen Räumung des Rheinlands von den Besatzungstruppen bricht die auf Schwimmern montierte Stegbrücke über der Einfahrt zum Sicherheitshafen gegen 23 Uhr zusammen. Mehr als 200 Personen stürzen ins Wasser. 38 Menschen sterben.

Vor allem in den Jahren 1943 und 1944 wird Koblenz schwer zerstört. Nach dem Kriegsende am 8. Mai 1945 beginnt auch für die Feuerwehr der schwierige Neuaufbau: Durch den Krieg sind sowohl die personelle Ausstattung als auch die Gerätschaften stark dezimiert. Die Koblenzer Berufsfeuerwehr besitzt nur noch zwei Fahrzeuge, und jede Anordnung muss erst von der Militärregierung genehmigt werden. 17 Feuerwehrmänner machen in der Woche zwischen 96 und 120 Stunden Dienst.

Im Lauf des Jahres 1955 wird der Dienst der Feuerwehrleute vom 48-Stunden-Schichtdienst auf einen 24-Stunden-Schichtdienst umgestellt. 1963 weist der Stellenplan 43 Planstellen aus. In der Wache am Plan wird es immer enger. Deshalb wird in den folgenden Jahren eine neue Feuerwache geplant. Auf einem Gelände an der Schlachthofstraße wird Anfang der 70er-Jahre mit dem Bau der neuen Wache begonnen. Die Kosten belaufen sich auf 13,9 Millionen Mark.

Am 10. November 1971 kommt es beim Bau der neuen Südbrücke zu einem tragischen Unglück: Ein über 50 Meter langes Stück der im Bau befindlichen Brücke stürzt in den Rhein, 13 Menschen finden den Tod. Die Berufsfeuerwehr ist mit allen Kräften vor Ort, ihre Taucher sind zusammen mit Tauchern von Bundeswehr und DLRG rund um die Uhr im Einsatz und suchen in den verbogenen Stahlbrückenteilen unter Wasser nach den vermissten Bauarbeitern. Der Einsatz ist nicht ungefährlich und zieht sich über Tage hin.

Nach diesem Großeinsatz wird bei den Abschlussbesprechungen bemängelt, dass kein geeignetes Fahrzeug vorhanden war, in dem eine entsprechende Einsatzleitung zur Führung der verschiedenen Hilfsorganisationen eingerichtet werden konnte. Daraufhin wird bei der Berufsfeuerwehr Koblenz ein sogenannter Abrollbehälter in Auftrag gegeben. Der Abrollbehälter Bewegliche Einsatzleitung (AB-BEL) wird 1973 in der neuen Wache in Dienst gestellt.

Zu spät für ein weiteres großes Unglück, das am 29. September 1972 passiert. Bei Betonierarbeiten an der Ständerstraße in der Laubach stürzt das Gerüst ein und reißt sechs Arbeiter in den Tod. Ein im flüssigen Beton feststeckender Arbeiter wird durch das beherzte und schnelle Zupacken von Feuerwehrmännern vor der Amputation seiner Beine bewahrt: Sie graben ihn mit bloßen Händen aus, bevor der Beton „abbindet“ und hart wird.

Im Spätsommer 1973 erfolgt der Umzug der Berufsfeuerwehr vom Plan in die neue Wache an der Schlachthofstraße. Der Vorteil ist eine moderne Wache ohne räumliche Enge und mit großen Werkstätten und Freigelände, aber die Wehrleute vermissen das pulsierende Leben vom Plan. Viele sehnen sich daher nach „ihrer alten Wache“ zurück.

1975 erhält die Berufsfeuerwehr das vom Land Rheinland-Pfalz in Auftrag gegebene Feuerlöschboot. Im selben Jahr ist auch eine Abordnung der Wehr bei dem großen Waldbrand in der Lüneburger Heide im Einsatz. Dabei bewährt sich auch der neue Abrollbehälter Bewegliche Einsatzleitung so gut, dass unmittelbar danach bei den restlichen vier Berufsfeuerwehren des Landes solche Abrollbehälter mit aufgebauten Einsatzleitcontainern stationiert werden.

Anfang der 80er-Jahre werden die beiden städtischen Ämter 37 und 38 zusammengelegt, aus Brandschutz und Zivilschutz wird das Amt für Brand- und Katastrophenschutz (Amt 37). Zu diesem Zeitpunkt hat die Berufsfeuerwehr 101 Mitarbeiter, davon 86 Uniformierte sowie 15 Angestellte und Arbeiter. Der Dienstbetrieb wird von drei Wachabteilungen im 24-Stunden-Rhythmus abgewickelt. Im Dienst des Umweltschutzes wird auf der Wache eine Schadstoffsammelstelle eingerichtet, bei der die Koblenzer Bevölkerung Problemabfall jeglicher Art abgeben kann. Diese wird bis zum heutigen Tag betrieben.

Im Weihnachtshochwasser 1993 wird auch erstmals die neue Feuerwache von den Fluten bedroht. Das Wasser steht vor der Feuerwache in der Schlachthofstraße. Da die gesamte Technik im Keller der Wache untergebracht ist, ist schnelles Handeln geboten. Die Helfer bekommen die Situation in den Griff.

Aus den Problemen lernt man: Die Leitstelle wird 1994/95 umgebaut und die Technik aus den Kellerräumen entfernt und neben der Leitstelle im Erdgeschoss neu installiert. In diesem Zuge wird auch die Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Koblenz von analoger auf digitale Alarmierung umgestellt. Dieses System hat sich bis zum heutigen Tag bewährt und wird nun im gesamten Land installiert.

In der Nacht vom 23. auf den 24. November 1999 erlebt Koblenz die schlimmste Brandkatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg. Ein fünfgeschossiges Wohnhaus in der Burgstraße wird ein Raub der Flammen. Eine Person kann über die Drehleiter gerettet werden, vier Menschen sterben in den Flammen. Ursache ist Brandstiftung.

Im Januar 2002 beginnen die Bauarbeiten für eine neue Leitstelle auf dem Werkstattgebäude im Übungshof. Die Kosten belaufen sich auf 2,5 Millionen Euro. Am 26. Januar 2004 ist die Testphase beendet. .

2006 stellt die Berufsfeuerwehr eine neue Drehleiter in Dienst. Im Zuge der Fußballweltmeisterschaft ist die Wehr im selben Jahr mit speziellen Geräten und Großraumrettungswagen in Kaiserslautern im Einsatz. Im Mai 2010 hilft eine Abordnung der Berufsfeuerwehr gemeinsam mit holländischen Kollegen beim Hochwassereinsatz in Polen mit. Es ist der erste Einsatz einer deutschen Feuerwehr im sogenannten EU-Gemeinschaftsverfahren.

In der zweiten Jahreshälfte 2010 beginnt der Umbau zur Erweiterung der Leitstelle. Im Frühjahr 2011 nimmt sie ihren Betrieb als Integrierte Leitstelle auf. Das heißt, sämtliche Einsätze von Feuerwehr und Rettungsdienst für den Bereich der Stadt Koblenz und der Landkreise Mayen-Koblenz, Ahrweiler und Cochem-Zell laufen über diese Leitstelle.

Im Januar 2011 wird die Stadt Koblenz wieder von zwei kurz aufeinander folgenden Hochwasserfluten bedroht, ein Teil des Bundesgartenschau-Geländes wird überschwemmt. Auch hier ist die Berufsfeuerwehr mit Freiwilliger Feuerwehr, Bundeswehr und THW im tagelangen Einsatz, um der Bevölkerung zu helfen und die Schäden auf dem Gelände der Buga so gering wie möglich zu halten.

Von unserer Redakteurin Doris Schneider