Bettina Dickes geht dank ihres wichtigsten Wahlhelfers Hans-Dirk Nies mit viel Rückenwind in die Stichwahl. Sie ist klug genug, ihre Triumphgefühle nicht allzu deutlich zu zeigen. Dieses Gespür für die richtigen Worte hat Nies bisher vermissen lassen.
Nicht seine Botschaft, dass er Dickes für fachlich ungeeignet hält, hat ihm geschadet, sondern die frontale, fast schon brutal polarisierende Art und Weise, mit der er sie wiederholt vertreten hat. Es liegt für ihn eine gewisse Tragik darin, dass vermutlich alles ganz anders aussehen würde, wenn er darauf ganz verzichtet hätte.
Das hat Nies spät, vielleicht sogar schon zu spät erkannt und versucht jetzt, Schadensbegrenzung zu betreiben. Seine Aufgabe ist auch deshalb schwierig, weil Dickes einen nicht zu unterschätzenden psychologischen Vorteil hat. Sie ist die Siegerin des ersten Wahlgangs, er der Verlierer. Daraus kann sich jetzt eine für sie positive, für ihn negative Eigendynamik entwickeln. Während er seine Strategie ändern muss, kann sie einfach weitermachen wie bisher. Der SPD-Kandidat hat nur dann noch eine Chance, wenn ihm das Kunststück gelingt, die Stimmung zu drehen und zugleich auch noch die eigenen Wähler in den SPD-Hochburgen deutlich stärker zu mobilisieren.
Eine Unbekannte in den Überlegungen hier wie dort ist das Verhalten von Anke Schumann, die mehr als nur einen Achtungserfolg erzielt hat. Schumann, ehemals CDU-Stadtverbandsvorsitzende von Bad Sobernheim, und Dickes sind sich nicht grün. Würde die parteilose Kandidatin sich noch dazu durchringen, zumindest eine indirekte Wahlempfehlung für den angeschlagenen Nies auszusprechen, wäre das immerhin ein positives Signal für den von ihm beschworenen Neuanfang – und zugleich ein (kleiner) Dämpfer für Dickes.
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