Tote und Terror in Paris: RZ-Redakteur Klaus Reimann berichtet aus dem Stade de France
Es ist kurz vor 22 Uhr, Halbzeit im Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland. Zwei Detonationen hallen plötzlich bis ins Stadion hinein. „Schnell sickerte durch, dass draußen etwas nicht stimmt“, sagt Klaus Reimann am Telefon. Der Sportredakteur ist besorgt.
Wie zehntausende Zuschauer sitzt er nach Spielende, inzwischen ist es 23.30 Uhr, im Stadion fest. Niemand darf es verlassen. Die Situation abseits des Stadions ist nicht nur unübersichtlich, sondern auch lebensgefährlich.
Bei der Welle von Angriffen in Paris sind am Freitagabend mindestens 60 Menschen getötet worden, weitere wurden verletzt. Laut französischer Nachrichtenagentur wurden zudem 100 Geiseln genommen.
Was draußen los ist, können die Menschen im Stadion nur erahnen. „Überall kreisen Hubschrauber am Himmel. Die Sirenen der Polizei sind zu hören“, berichtet Klaus Reimann. Er hat gehört, dass es auch im 10. Arrondissement einen Anschlag gegeben haben soll. „Genau dort steht das Hotel, indem meine Kollegen und ich untergebracht sind. Wir wissen nicht, wie es nun weitergeht. In jedem Fall werden wir Journalisten zusammenbleiben“, sagt Reimann. Sicher ist sicher.
Ein Video von Klaus Reimann aus dem Stadion:
Frankreichs Präsident François Hollande begab sich umgehend ins Innenministerium. Er verfolge dort gemeinsam mit Ressortchef Bernard Cazeneuve die Lage, teilte der Élyséepalast auf Twitter mit. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der das Fußballspiel neben Hollande im Stadion verfolgte, zeigte sich entsetzt. «Wir stehen an der Seite Frankreichs», sagte Steinmeier.
Während der Fernsehübertragung des Fußballspiels waren in der ersten Halbzeit mehrere Explosionsgeräusche zu hören. Zunächst wusste aber niemand, worum es sich dabei handelte. Etwa eine halbe Stunde vor Ende der Partie in Saint-Denis machten erste Gerüchte von Bombenexplosionen die Runde.
Über Twitter und Periscope wurden erste Aufnahmen von der Situation rund um das Stadion verbreitet:
Hubschrauber kreisten über Paris. Hinaus kam zunächst keiner mehr, mit einem Sicherheitsband war das Stadion abgeriegelt. Später durften Menschen aber doch das Stadion verlassen, anders als sonst nach Fußballspielen verließen sie zügig das Gelände. Als es beim Verlassen des Stadions offenbar an manchen Toren zu panikartigen Situationen kam, öffneten Polizei und Ordner das Spielfeld.
Vidéo de l'explosion au stade de France.#FRAALL pic.twitter.com/Lo88V5nMHu
— Walteer. H (@MAYBACHMSC) 13. November 2015
Bundestrainer Joachim Löw reagierte mit großer Bestürzung und Betroffenheit auf die Ereignisse. «Wir sind alle erschüttert und schockiert», sagte Löw in der ARD nach der 0:2-Niederlage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Frankreich. «Für mich tritt der Sport oder die Gegentore in den Hintergrund.» Teammanager Oliver Bierhoff sprach von «großer Unsicherheit, großer Angst und großer Betroffenheit» auch in der deutschen Kabine.
In Frankreich galten bereits vor den Anschlägen seit diesem Freitag wieder verschärfte Sicherheitsmaßnahmen. Wegen «terroristischer Gefahr» und «Risiken für die öffentliche Ordnung» hatte die Regierung auch beschlossen, vor der Weltklimakonferenz die Grenzkontrollen wieder aufzunehmen. Die Klimakonferenz, zu der zahlreiche Spitzenpolitiker aus aller Welt erwartet werden, beginnt am 30. November.
The sound of the explosion from just outside of the Stade de France #Paris https://t.co/ML3fo4sfIp
— Arsenal (@ArsenalIndex) 13. November 2015
Stade de france now pic.twitter.com/WLZlfTJPhA
— Leparmentier Arnaud (@ArLeparmentier) 13. November 2015
msc/eck/ske/dpa